Vom 29. Mai bis zum 16. Juni 2017 blieben mir dieses Jahr 3 Wochen Zeit, Abstand zum Alltag zu finden. Die Wahl des Reisezieles fiel auf Polen aufgrund des ITT 2017, dem internationalen Transalptreffen. In dessen Folge plante ich eine Polen Rundreise.

Gesamtstrecke: 3407.8 km
Gesamtzeit: 05:00:15
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Wie bereits letztes Jahr in Rumänien stand die grobe Route, allerdings hatte ich diesesmal die ersten beiden Wochen bis zum ITT alle Unterkünfte fest vorgebucht. Ich wollte diverse Ziele definitiv erreichen und besichtigen und hatte Touren vorab über getyourguide.de gebucht. Andererseits hatte ich für 3 Tage Masuren zwar die Unterkunft reserviert, dort aber nix geplant. Wer weiß, was passiert und ob ich dort lieber am See liege oder Mopped fahre?
Die letzte Woche ab dem ITT blieb komplett offen: Lerne ich Leute kennen, mit denen ich noch weiters etwas unternehmen möchte? Ist das alles Mist und ich will nur noch weg?

Aber von Anfang an: Am 28. Mai die Transalp in den Scudo gepackt, 450 km bis Bayreuth über Autobahn gefahren, ausgeladen und weitere 250 km nach Prag über erst winklige Nebenstrecken, dann aber zwangsläufig über die schnurgerade Einfallstrasse nach Prag zum Autoreisezug.
Eigene Gurte und eigene Verpflegung sind Pflicht, das kenne ich ja bereits. Dass ich dieses Jahr bereits in Proprad Tatra aussteige bedeutet aber, dass ich als letzter auf den Zug komme und als erster aussteige. In Poprad wird abgekoppelt und Endstation ist Kosice. Achja, Kostenpunkt 65 € für Schlafwagen und Mopped. Noch Fragen?

29.05.2017 – Tag 2

Nach einer etwas unruhigen Nacht im Zug erst mal Mopped abladen und in Ruhe bepacken. Ich habe Zeit, da mein Tagesziel Krakau nur 160 km entfernt liegt. Erst mal Richtung hohe Tatra und die Aussicht genießen.
Weiter über den Berg Richtung Zakopane und dann auf Nebenstrassen Richtung Krakau.

Unterwegs noch an der Erzengel-Michael-Kirche angehalten und das Glück gehabt, dass gerade eine Führung anstand und die Kirche geöffnet wurde. Ich bin aber nur kurz mit rein, da alles auf polnisch stattfand.

Landschaftlich war die Fahrt nach Krakau sehr schön, verkehrstechnisch ab Zakopane hingegen doch eine Geduldsprobe. Auf den Hauptstrassen hängt man hinter LKWs, auf den Nebenstrassen geht es nicht voran da hier eine Ortschaft der anderen folgt. Ich bin bis Krakau im Prinzip mit Tempo 60 durchgezockelt.
In Krakau dann das erwartete Verkehrschaos. Also bis zu meiner Bleibe für die nächsten 3 Nächte durchgekämpft, dem B&B Astor. (Ich setze hier nach Möglichkeit die Direktlinks zu den Unterkünften rein, gebucht hatte ich über booking.com). Die Unterkunft kann ich empfehlen: Englisch kein Problem, gutes Frühstück zur Wunschuhrzeit aufs Zimmer, abgeschlossener Innenhof mit kostenlosem Parken und gute 15 Minuten zu Fuß zum historischen Marktplatz. Ein Zimmer nach hinten raus ist aber zu empfehlen, da die Strasse doch lebhaft befahren wird. Ein kleiner Supermarkt ist direkt gegenüber.

Den riesigen Marktplatz auf einem Foto abzubilden ist nicht möglich. Auch weil die Tuchhallen in der Mitte stehen. Hier ein paar Eindrücke:

Irgendwann hatte ich mich sattgesehen, sattgegessen und die Füße plattgelaufen. Die Hitze und der fehlende Schlaf von letzter Nacht erleichterten dann den Rückzug zur Unterkunft. Noch ein kaltes Bier vom Supermarkt mitgenommen, Eindrücke sacken lassen, Fotos sichten – gute Nacht.

30.05.2017 – Tag 3

Nachdem gestern die in der Buchung via getyourguide.de versprochene email angekommen war, hatte ich heute bis 11 Uhr Zeit, mich auf den Tagesbesuch des Konzentrationslagers Auschwitz / Auschwitz Birkenau vorzubereiten. Der Fahrer kam pünktlich, es wurden noch ein paar mehr Gäste abgeholt und dann ging es im klimatisierten Kleinbus los. Das Ganze kostet genausoviel wie wenn man selbst bucht und anreist. So aber hat man jemanden, der fährt und sich auskennt. Da fällt die Wahl nicht schwer.

Ich merke aber gerade beim Schreiben, wie ich etwas um die richtigen Worte ringe. Ist es z.B. angemessen, sich bei dem Besuch eines solchen Ortes über touristische Randbedingungen auszulassen? Andererseits ist es eh ein schmaler Grat, ein Belanceakt, auf dem sich Auschwitz heute bewegt. Es ist eine Gedenkstätte, wird aber (zum Glück) von so vielen Menschen besucht, dass dort echter Massentourismus herrscht. Ohne einen Guide, den man am besten vorab bucht, kommt man dort nicht rein. Im Eintrittspreis inbegriffen ist auch der Pendelbus zwischen Auschwitz und Birkenau.

Von den grausigen Exponaten wie Räume voller Koffer, Kämme, Rasierpinseln und dem Obergeschoss voller Haare habe ich keine Bilder gemacht. Das konnte ich einfach nicht.

Umgehauen hat mich dann aber das benachbarte Vernichtungslager Birkenau. Und zwar ob seiner schieren Größe, den Dimensionen, die begreifbar machen welch vorsätzlich geplanter systematischer Massenmord hier stattgefunden hat.

Wir hatten einen älteren deutschsprachigen Polen als Guide, der auch Zeitzeugen kannte und uns sehr ein- und nachdrücklich begleitete. Jeder aus unserer Gruppe hat sich nachher bei ihm bedankt.

Danach hat uns unser Fahrer wieder aufgenommen und uns zurück in die jeweiligen Unterkünfte nach Krakau gebracht. Kaum angekommen, kam ein Gewitter runter das sich gewaschen hatte. Mit Essen gehen war daher nix, also aus dem Supermarkt verpflegt und den heutigen Tag erst mal sacken lassen.

Ich bin der Meinung, dass man so einen Ort einmal in seinem Leben besuchen sollte.
Für die Unbelehrbaren wie z.B. die AFD und auch die Gefolgsleute von le Pen und Wilders sollte er verpflichtend sein…

31.05.2017 – Tag 4

Die nächste vorgebuchte Tour steht erst für nachmittags 15 Uhr an, also vormittags gemütlich zum Wawel-Schloß flaniert, weitere nette Ecken in Krakau entdeckt, gut in einer Viertels-Kneipe zu Mittag gegessen, Wäsche gewaschen und dann abgeholt worden zur https://www.salzbergwerkwieliczka.de – Tour. Ist ein Touristen-Klassiker ab Krakau.

Die Bilder sind von der Hauptattraktion der Mine, der Kapelle. Alles ins Salz geschnitzt, bzw. aus Salz gemacht – auch die Kronleuchter. Die Kapelle war echt beeindruckend, ansonsten war mir das alles schon zu sehr auf Touristen ausgelegt. Bergmannsfiguren, die sieben Zwerge gab es auch in geschnitzt, ein Restaurant unter Tage – eben das volle Programm.

Zurück in Krakau dann nochmal durch die Innenstadt geschlendert – fußfaul war ich ersten Tage wirklich nicht – und einen Vorrat für die morgige Mittagsvesper aus dem Tankrucksack eingekauft. BTW: Ich liebe polnische Würste! Ich freute mich jetzt wirklich darauf, dass es aus der Stadt raus- und mit dem Motorrad weitergehen sollte.

Krakau hat mir wirklich sehr gut gefallen. Man merkt zwar die touristische Prägung wie z.B. in Prag (überall Englisch kein Problem) aber es hat halt auch gewachsene Strukturen wie z.B. permanente Wochenmärkte in den jeweiligen Vierteln, wo man frische Lebensmittel kaufen kann.

01.06.2017 – Tag 5, 339 km

Es ging über Zalipi (dem Dorf mit den bemalten Häusern) nach Zamosc.

Zum Glück hatten sich ob der vergangenen Gewitter die Temperaturen deutlich von der 30 Grad-Marke der ersten Tage entfernt und es sollte auch im weiteren Verlauf immer so im angenehmen Bereich von 18 -25 Grad bleiben.

Aber erst mal aus dem Verkehrschaos in Krakau raus, tanken und danach war ich relativ schnell alleine auf weiter Flur. Vor allem weiter und flacher Flur. Die Landschaft gestaltete sich aber durchaus abwechslungsreich: Entweder flach und ohne Bäume oder flach mit Bäumen. Flach mit Bäumen hatte den Vorteil, dass sich sogar vereinzelt Kurven in die Wegführung schlichen 😉
Alles sehr ruhig und bäuerlich hier. Aber jedes noch so kleine Kaff hatte eine repräsentative Kirche zu bieten. Man merkt, dass die Polen ein gläubiges Volk sind. Im Gegensatz zu Tschechien fällt auf, dass auch auf dem Land die Kirchen äußerlich sehr gepflegt sind.

Zalipi – ja. Ein paar Häuser mit Blumen und Ornamenten drauf halt. Nett, aber für Begeisterungsstürme hat es bei mir nicht gereicht.

In Zamosc beim vorgebuchten Hostel Zamosc eingecheckt. Verständigung schwierig, aber mit Google Translate, meinem Übersetzungsprogramm und beiderseitigem Lächeln war das alles dann doch ganz einfach. Das Hostel bot auch Frühstück an, das habe ich natürlich dankend angenommen. Wie für ein Hostel üblich, gab es auch eine Gemeinschaftsküche. Unüblich – gut, ich schätze Hostels sonst eher als Basis für Low-Budget-Reisende ein – war die Qualität des Zimmers. Modern, gepflegt, gute Ausstattung. Parkplatz hinterm Haus – mein Mopped stand trotzdem vorne vor der Tür: Hier passiert nix.

Erstmal duschen, Klamotten waschen (ich reise halt mit Minimalgepäck, da kommt das öfters vor) und dann die 400 Meter zur Altstadt zurückgelegt. Wow!

Ende des 16. Jahrhunderts bekam der venezianische Architekt Bernardo Morando vom damaligen Großkanzler Jan Zamoyski den Auftrag zum Bau von Zamość. Rücksicht auf alte Bausubstanz brauchte er nicht nehmen. Die Stadt sollte auf freiem Feld errichtet werden. So schuf Morando die „ideale Stadt“, der er seinen (italienischen) Renaissance-Stil verlieh. Als Vorbild diente ihm die italienische Stadt Padua.
Quelle: https://www.polish-online.com/polen/staedte/zamosc.php

Bei weitem nicht so groß wie Krakau, aber auch hier ist sattsehen angesagt. Und natürlich sattessen in einem der zahlreichen Restaurants auf dem Marktplatz.

02.06.2017 – Tag 6, 331 km

Ganz im äußersten Osten von Polen entlang der Grenze zur Ukraine und Weißrußland führte mich meine Route über Grabarka nach Bialowieza. Die ersten ~ 50 km hinter Zamoscz waren toll – leicht hügelig und kurvig. Danach aber, oweia. Gerne mal 30 km am Stück schnurgeradeaus, dann ein Schild „Achtung Kurve“, weil es einen 5-Grad-Knick gab und wieder 30-40 km geradeaus.

Grabarka, der „Berg der Kreuze“ ist die wichtigste orthodoxe Pilgerstätte Polens:

In Bialowieza liegt der letzte Flachland-Urwald Europas. Einzigartige Planzen und auch Wisente finden sich dort. Es gibt auch eine sog. Kernzone, in die man nur mit Führer kommt. So einen Führer hatte ich versucht, vorab über´s Internet zu buchen. Entweder keine Tour möglich oder keine Antwort. Also hinfahren und schauen was geht. Der Ort liegt unmittelbar an der Grenze zu Weißrußland und trotz zahlreicher Unterkünfte war dort irgendwie nix los. Auch meine gebuchte Unterkunft Pensionat Unikat war auf deutlich mehr Gäste ausgelegt. Verständigung auf Englisch war möglich – insgesamt fand ich den Laden zwar ok, aber unpersönlich. Das Restaurant im kühlen Keller passte mir hingegen garnicht, ich hätte lieber draussen gesessen.

Ok, also am nächsten Morgen zur Tourist-Info und gefragt, wie ich denn jetzt in den Wald komme. Tja – große Überraschung: Das Schutzgebiet beginnt unmittelbar bei Bialowieza und ohne Führer geht man hier keinen Meter. Es gibt zwar „freie“ Wege im Staatswald, aber das sind zum einen keine Rundwege und zum zweiten sind die von hier nicht fußläufig erreichbar.

Öhmmm -diese Info hatte ich keiner der von mir vorab besuchten Seiten über Bialowieza entnehmen können. Was denn nun bitte? Nix geht? Schnell war mir klar, dass ich die bereits bezahlte zweite Übernachtung hier in den Wind schieße und mich weiter Richtung Masuren bewege. Sollte ich noch den Zoo mit den Wisenten mitnehmen? Das kostet aber wieder ne Stunde und es war mittlerweile schon fast 10 Uhr. Ok, also tschüss Urwald und tschüss Wisente.

Zurück zur Pension, Bescheid gesagt und eine günstige Unterkunft in Augustow über booking.com gebucht. Da ich jetzt einen Fahrtag mehr hatte, habe ich auch die Route auf dem Tablet umgeplant und bin auf Nebenstrecken ausgewichen. Das geht mit Osmand auf dem Tablet wirklich fix und man hat ne deutlich bessere Übersicht wie auf nem normalen Navi.

So kam es dann zu
Tag 7, dem 03.06.2017 mit 241 km.
Der Geradeausanteil war wieder bei >90%.

Die Unterkunft in Augustow, das Stary Dom B&B, war ein altes Holzhaus mit offener Tür an einer lauten Strasse, das einen von innen aber mit top isolierten Fenstern und gut gesicherten Türen erwartete. Gutes Frühstück zur Wunschuhrzeit aufs Zimmer, die Tochter des Hauses spricht englisch, Mopped im Garten, was will man mehr für eine Nacht?

Augustow selbst hat nicht viel zu bieten, ich habe noch einen ausgedehnten Spaziergang um den Kanal gemacht, ein nettes Speiselokal am Wasser gefunden und mich dann auf das Wesentliche konzentriert:

Relaxen und Sonne genießen am Wasser ist allemal besser wie das Kellerlokal in Bialowieza! Die Gram war eh längst vergessen, genieße den Augenblick!

04.06.2017 – Tag 8, Pfingstsonntag, 197 km

Auch hier stand mir jetzt mehr Zeit zur Verfügung, also zwei vorab mit Fragezeichen gespeicherte Ziele in den Weg zur nächsten Unterkunft aufgenommen und die Route umgeplant. Ich sagte schon, dass das auf dem Tablet eine wahre Freude ist.

Also erstmal weiter Richtung Nordost nach Suwalki. Dort in der Nähe gibt es eine kleine Holzkirche in Wodzilki. Von der wie immer schnurgeraden Hauptstrasse abgebogen finde ich mich unvermittelt auf einem Feldweg wieder. Keine 5 km von Suwalki mit seinen großen Gewerbegebieten entfernt beginnt hier eine andere Welt.
Ich stoppe die Transalp mitten im Dorf an der einzigen Kreuzung, da ich vor der Kirche links weiterwill. Vor der Kirche stehen ein paar Leute, ein älterer Mann kommt auf mich zu. Ich ziehe den Helm aus, Sturmhaube runter, lächle und erhalte einen festen Händedruck und einen offenen Blick. Deutsche Worte eingestreut in Polnisch bekomme ich zu hören, ich muß erstmal genau hinhören. Dortmund erkenne ich – ahh: Sie waren im Ruhrgebiet? Essen, Dortmund? Nickend wird meine Vermutung bestätigt. Der Mann hat ein waches Auge, meine Ausrüstung wird gemustert, er entdeckt die Garmin Virb an der Lampenmaske. Kamera? Tak! Natürlich sieht er auch das Tablet und ich zeige ihm meine weitere Route. Für den nächsten Stop in Stańczyki ernte ich einen erhobenen Daumen. Dafür darf er mich dann auch fotografieren.

Ich bedanke mich und wir verabschieden uns wieder mit festem Händedruck.

Nach weiteren 2 km über einen Feldweg geht es wieder über Teer weiter nach Stańczyki, dem Doppelviadukt.
Nix los dort, aber ein riesiger kostenpflichtiger Parkplatz. Ganz oben, wo man auf die Viadukte laufen kann, zwei Durchfahrt-Verboten-Schilder. Klar, was ich gemacht habe: Hochgefahren und die Transalp an der Sperre vor dem Kassenhäuschen abgestellt. Platz für Autos ist da definitiv nicht, insofern macht das da schon Sinn. Ergo hat auch keiner was gesagt.

Weiter geht es Richtung Masuren und die ersten Seen tauchten auf. An einem dieser Seen, mithin einem der größten, dem Spirding–See wartete meine Unterkunft für die nächsten 3 Nächte auf mich. Das war fester Wunsch in meiner Planung gewesen, hier direkt am Wasser unterzukommen. Via booking.com stieß ich auf das Panorama. Die Bewertungen waren derart gut, dass ich sofort zugeschlagen hatte, auch wenn das Preisniveau dort etwas höher ist.
Einen Plan hatte ich für die nächsten zwei Tage nicht gemacht, mal abwarten wozu ich Lust haben würde.

Im Panorama wurde ich von Uwe und Grazyna sehr herzlich aufgenommen, das war schon richtig familiär. Ich war an diesem Tag der einzige Gast und da ich es auf booking.com nicht gesehen hatte, dass man vorab Halbpension buchen kann, hatte das Personal und der Koch Feierabend. Kein Problem für Uwe: Wir wohnen ja hier, kommst zu uns auf die Terrasse und wir schmeißen den Grill an! In der Folge wurde ich dann leckerst abgefüttert und man lernte sich etwas kennen.
Was ich denn die nächsten beiden Tag vorhätte? Alles offen, meine Antwort. Also bekam ich von den beiden einen Stapel Reiseführer, Bücher und Landkarten. Ich riß noch die Wolfsschanze an, aber Uwe meinte, dass sich das nicht lohnt. Was willst Du Dir gesprengte Bunker anschauen, wenn es 20 km entfernt einen Haufen intakte gibt? Da horchte ich auf. Von Mamerki oder deutsch Mauerwald hatte ich noch nie etwas gehört.

Gegen 23 Uhr verabschiedete ich mich bei den beiden, bedankte mich für den netten und informativen Abend und machte noch ein bisschen Planung für den nächsten Tag.

05.06.2017 – Tag 9, 212 km

Erst mal auf Uwe´s Empfehlung zu Mamerki, OKH Mauerwald. Das OKH Mauerwald war das Hauptquartier des Oberkommandos des Heeres im Mauerwald, unweit des Mauersees in der Masurischen Seenplatte. Es bestand von 1941 bis 1944. Mussolini, Göring und Hitler trafen sich dort 1941.

Mopped direkt neben der Zahlstelle abgestellt, nur die Kamera und Papiere / Geldbörse mitgenommen. Jacke auf den Tankrucksack und ab in die Bunker. Hätte besser ne Taschenlampe dabeigehabt. So tastete ich mich vorsichtig im Halbdunkel in die Tiefe. Irgendwann höre ich Marschmusik – ein Ausstellungsraum mit uniformiert gekleideten Schaufensterpuppen naht. Ich habe Fotos, mag sie aber wegen den Fahnen mit der Swastika nicht hier einstellen. Gezeigt wird ein Funker- und ein Kommandoraum.
Dann noch in das U-Boot Museum, auf dem Weg durch dem Wald stehen auch Haubitzen rum.

Das Gelände ist weitläufig und ich latsche in Motorradklamotten dann noch ein paar weitere Bunker ab. Irgendwann ist es gut und ich kehre zu meiner Transalp zurück. Gut 1,5 h sind um – was nun? Ach fahren wir erstmal die Strasse weiter, zurück kann jeder 😉

Ohne Plan ist auch ein guter Plan und ich rutsche in den „Discovery-Modus“. Das Navi zeigt mir nen größeren See in der Nähe – ok, den umrunde ich jetzt. Reinzoomen – Wege gibt es. Also los. Kein Navi-Algorythmus rechnet einem so eine Route, also Kartendarstellung auf Nord und immer bis zur nächsten Abzweigung. Genau dafür wollte ich das Tablet haben, bingo! Mein ehemaliger Zumo 390 war grottenlahm beim scrollen und der Monterra hat ne bescheidene Auflösung. So habe ich nen vernünftigen Kartenausschnitt, kann aber auch in die Details gehen.

In der Folge lande ich dann auf allerkleinsten, teils üblen Strassen, Sand- und Schotterpisten sowie Waldwegen. Hauptsache Osmand weiß wo es langgeht!

Die Umrundung gelingt und als nächstes ist ein größeres Waldgebiet dran. Gleicher Modus, gleiche Vorgehensweise, geil!

Mittlerweile ist es später Nachmittag, also zurück zum Panorama Uwe. Abendessen ist für 18 Uhr angesagt. Immer noch bin ich der einzige Gast. Uwe meint: Der Koch bereitet Dir gerade Dein 4-Gänge-Menü zu, aber weißt – ess doch mit uns auf der Terasse anstatt im Restaurant. Dann kannst Du auf den See gucken und wir reden noch was. Ich schrieb es schon – der Wahnsinn hier diese Unterkunft und vor allem der Uwe.

Leckerst gespeist und dann ab in den Liegestuhl ans Wasser. Kommt Uwe an: Wir fahren noch zu Freunden. Brauchst noch was? Klar, ein Bier! Bringt mir zwei kalte Flaschen und die beiden fahren. Jetzt habe ich die ganze Anlage für mich alleine! Grazyna meint noch, dass es einen super Sonnenuntergang geben würde.
Ich schnappe mir meinen Kindle, die Kamera und mein Bier und richte mich auf einen schönen ruhigen Abend ein.

06.06.2017 – Tag 10, 180 km

Auf Uwe´s Empfehlung zur Swieta Lipka, der Wallfahrtskirche Heilige Linde. Bekannt wegen der beweglichen Figuren in der Orgel. Ich kriege gerade noch die letzten 10 Minuten des Orgelkonzertes mit und bin vollkommen beeindruckt ob all der Pracht dieser Kirche.

Danach kurz in Reszel reingeschaut, war aber nicht so mein Ding. Danach gleiches Spiel wie gestern: Discovery.

Masuren ist einfach toll. Hier kann man sich wirklich verlieren, Ruhe finden und abschalten.

Gegen 16 Uhr bin ich wieder im Panorama, Wäsche machen vor dem Abreisetag. Uwe muß noch Gäste abholen und fragt mich ob ich um 18 Uhr essen will oder später mit allen gemeinsam. Natürlich sage ich dem gemeinsamen Abendessen zu und es wird dann auch noch ein sehr unterhaltsamer Abend zu fünft.

07.06.2017 – Tag 11, 239 km

Der erste Tag, wo es regnet, aber zum Glück nur die erste Stunde. Abschied von Uwe – also wenn Ihr mal nach Masuren wollt, meine Empfehlung habt Ihr jetzt für eine Top-Unterkunft!

Rüber nach Malbork, die Marienburg besichtigen. Strassentechnisch ein Mix aus Schnellstrasse und kleinen Alleenstrassen. Leider wieder wenig Kurven.
Unterkunft war das Hotelik Groblanka. Macht äußerlich nix her, aber klasse Zimmer, gutes Frühstück und ein leckeres Restaurant. Und die Marienburg ist von dort aus fußläufig zu erreichen. Das Ticket hatte ich mir vorher über´s Internet gebucht und als PDF auf dem Handy. Also nix Schlangestehen, sondern direkt den Audioguide abholt. Über 3h war ich in der Burg – absolut genial und wirklich ein Muss, wenn man in der Gegend ist.

08.06.2017 – Tag 12, 91 km

Anreise zum ITT, dem Internationalen Transalptreffen. Die Einschreibung wurde im Frühjahr an einem Freitag nachts um 24.00 Uhr geöffnet, am darauffolgenden Montag um 10 Uhr vormittags waren alle 300 Plätze vergeben! Das Treffen fand auf auf dem Campingplatz Lipa Pensinsula, einer Halbinsel, in der Kaschubei statt. Hier ein Drohnenflug-Werbevideo des Campingplatzes – trifft es besser wie alle meine Bilder:

Der Transalp-Club Polen hatte sich wirklich reingelegt und ein Super-Event vorbereitet. Aufblasbarer Honda-Bogen in der Campingplatz-Einfahrt, Honda-Stand mit Leihmotorrädern (die neue AT, CRF250L Rally, ADV-Scooter), Willkommens-Tüte (mit Honda Powerbank, Landkarten, Aufklebern, Halstuch usw.). Bier vom Fass, das leckere Zubre, 0,5 L = 1 €, und zum Frühstück und Abendessen Buffet dass sich die Tische gebogen hatten und alles 1a Qualität. Der Wahnsinn! Abends noch Live-Mucke und tagsüber, für die die wollten, geguidete On- und Offroadtouren.

Angekommen, erstmal nach deutschen Stimmen gehorcht und prompt die Jungs vom Transalp Stammtisch Ruhr getroffen. Ein paar kannte ich schon von einer gemeinsamen Ausfahrt an der Glör. Guter Einstieg 🙂
Die Einschreibung öffnete, Hüttenzuweisung, Haftungsausschluß, Teilnehmerkarte – das Übliche halt.

Ich hatte Unterkunft in einer Blockhütte gebucht, meine Zeltzeit ist vorbei. Mit wem ich die Hütte teilen würde, wußte ich vorher nicht. So richtig stimmte die Chemie dann mit meinem Hüttennachbarn aber doch nicht. Wir haben uns meist nur unterhalten, wenn wir uns in der Hütte über den Weg gelaufen sind. Sonst suchte sich jeder eigene Leute. Beruhte auf Gegenseitigkeit, aber über sowas mache ich mir keine Gedanken mehr. Leute sind nunmal verschieden und gut ist.

Das Treffen und die Teilnehmer waren wirklich entspannt, die Gespräche mehr oder weniger tiefgreifend – auch je nach Uhrzeit 😆 . Moppedgeschwafel halt teilweise. Aber auch Austausch über Reisen, gegenseitiges Moppedzeigen, Details erfragen und das quer durch alle Nationen. Soweit Englisch-Kenntnisse vorhanden waren.

Auch Andrea aka BlauesWunder aus dem Mimoto Reiseforum treffe ich. Wir hatten uns vorab über Whatsapp verständigt. Ich hoffe, Du hattest im Anschluß noch eine schöne Tour!

Für den nächsten Tag hatte ich mich für die Onroad-Tour eingetragen. Es sollte eigentlich zwei Gruppen geben, die dann aber leider zusammengelegt wurden und wir mit knapp 40 Motorräder starteten. Kurzum: Ich war froh, als an der ersten Tanke gehalten wurde, denn bei dem doch recht starken sonstigen Verkehr in der Gegend und einer so großen Gruppe macht mir das Fahren einfach keinen Spass mehr. Bedankt, verabschiedet und alleine weiter.
Bin dann aber relativ früh wieder auf dem Camping gewesen, habe mir was zu Essen gegönnt und mal eine ausführlichere Platzrunde gestartet mit anschließendem Relaxen an der Bucht.

Bildern vom Treffen an sich gibt es leider nicht – mit Leute-fotografieren habe ich es nicht so.

Der Abend wurde richtig nett mit Barbecue und Livemusik. Weniger nett war die Wettervorhersage für den morgigen Samstag: Es sollte Regen geben.

In mir reifte dann der Entschluß, einen Tag früher abzureisen. Ganz ehrlich: Ich wollte endlich auch mal wieder Kurven fahren und der Rückweg durch Posen versprach ja auch nur wieder lange Geraden. Und ob ich die nun im Regen fahre oder bei Sonnenschein… Dann lieber los Richtung Grenzgebiet Polen / Tschechien und dort noch etwas Spass haben. Zumal die Wettervorhersage für das südliche Polen deutlich besser war.

ITT hin oder her… Mein Ziel ist letztendlich mein Urlaub, das ITT „nur“ ein zugegebenermaßen schöner Teil davon.

10.06.2017 – Tag 14, 428 km

Es war verhangen, aber trocken, als ich um 9 Uhr den Motor startete. Ich hatte noch Sprit für 50 km und passend an der Tanke ging der Regen dann los. Ich entschied, den Tank jetzt in einem Rutsch leerzufahren und bei 300 Tageskilometern mal auf die Uhr zu schauen.

Gesagt, getan – um 14 Uhr war es dann Zeit zum Nachtanken. Zwischendrin noch 15 km Piste gehabt. Das kommt davon, wenn man in Polen über Nebenstrecken plant 😉 Auf den Hauptstrecken fahren ist ob des LKW-Verkehrs aber keine Alternative.

Aber das Wichtigste: Mittlerweile strahlender Sonnenschein!

Aufgrund des guten Kilometer-Schnitts war klar, dass ich mein Tagesziel Jawor noch problemlos erreichen werde.
Also Handy raus, und über booking.com eine Unterkunft gesucht: Willa Nova.
WLAN-Hotspot mit dem Handy aufgemacht, mit dem Sony Tablet ebenfalls booking.com aufgerufen, die Buchung angesehen, auf die Adresse geklickt, in Osmand anzeigen gewählt, als Favorit gespeichert, Route gestartet und angepasst, fertig. Das Tablet bewährt sich immer mehr.

Verständigung in der Willa Nova ging nur via Google Translate, aber alles kein Problem, das kenne ich ja schon. Im Restaurant noch gut gegessen und dann einen kleinen Stadtrundgang gestartet. Etwas Bewegung nach so vielen Km auf dem Bock schadet ja nicht. Jawor:

Die Friedenskirche in Jawor, die ich eigentlich auch anschauen wollte, war allerdings schon verschlossen. Und am morgigen Sonntag erst nach dem Gottesdienst um 12 Uhr mittags für Touristen zu besichtigen. Nunja, für einen kurzen Blick wird es schon reichen. Also zurück zur Unterkunft, für heute reicht es.

Zurück in der Unterkunft mußte ich mir dann mal Gedanken machen, wie es denn jetzt weitergehen sollte. Irgendwie wollten die Ideen aber nicht so recht sprudeln und auch der Blick auf die Landkarte inspirierte mich nicht wirklich. Ok, also für die vorgeplante Rückfahrtsroute nach Tschechien zur Bikerhöhle Pekelne Doly entschieden. Da war ich bislang zweimal auf dem Rückweg von meinen Ostwärts-Reisen, aber immer nur unter der Woche. Morgen aber ist Sonntag, das gibt bestimmt Schau dort 🙂

Also eine Unterkunft in der Nähe der Höhle via booking.com für zwei Nächte gebucht. In dieser genialen Motorradgegend wollte ich auf jedenfall noch einen ganzen Tag lang lecker Kurven mitnehmen.

Das es das jetzt aber mit Polen gewesen ist, wurde mir dann aber auch klar. Wie auch immer, ich hatte dort so viel Schönes gesehen und erlebt – bin dort andererseits auch sehr viel schnurstracks geradeaus im Flachland gefahren. Jetzt wollte ich nur noch reinen Motorradspaß: Kurvig, bergig, der Weg ist das Ziel!

11.06.2017 – Tag 15, 261 km

Erst mal nach Schweidnitz zur dortigen Friedenskirche – wohlahnend, dass auch dort erst ab 12 Uhr ein Besuch möglich sein wird. Einen kurzen Blick durch die geöffnete Kirchentür während des Gottesdienstes habe ich mir dann aber doch gegönnt.

Über Jelenia Gora dann rüber nach CZ. Top ausgebaut, kurvenreich, aber Sonntags ziemlich gut besucht. Die Strecke hatte ich in der entgegengesetzten Richtung vor drei Jahren mal für mich alleine (unter der Woche): Feuer frei! Irgendwann weiter über kleinste, winkelige, kurvenreiche Strassen zur Motorradhöhle. Volles Haus, wie erwartet. Erst mal ein alkfreies großes Bier geholt und dann die Schau genossen.

Ist echt zu geil, erwachsene Menschen zu beobachten, wie sie mit leuchtenden Augen und breitem Grinsen in die Höhle fahren und dann wird natürlich erst mal der Motor hochgedreht. Das Kind im Manne – und natürlich auch der Frau 🙂
Rennsemmeln, Chopper, Enduros – hier ist alles vertreten. Ich grinse mir einen und verbringe hier eine gute Stunde. Zum Abschied bollere auch ich durch die Höhle und suche meine vorgebuchte Pension Braun auf.
Ich werde auf Deutsch begrüßt und man ist auf Motorradfahrer eingestellt. Ob ich das Motorrad in die Garage stellen wolle? Aber die Pension liegt so abseits, dass ich abwinke und die Transalp auf den hauseigenen Parkplatz stelle. Riesenzimmer bekommen, Tische und Bänke draussen vor der Tür, klasse Frühstück, was will man mehr. Einzig: Ich hatte mich eigentlich auf tschechische Küche gefreut, die Speisekarte war aber eher international ausgerichtet.

Danach versuche ich weitere Reisepläne zu schmieden, aber auch jetzt gelingt es mir nicht. Ne Runde Richtung Osten durch die Gebirge, nach Krummau? Ich werde mir nicht einig und verschiebe es auf den nächsten Abend. Motorradfahren soll ja bekanntlich den Kopf frei machen.

Die Planung für die morgige Tagestour überlasse ich Calimoto. Einziges Ziel: Möglichst viele Kurven!

12.06.2017 – Tag 16, 319 km

Ich fasse es mal in 3 Worten zusammen: Kurven, Fahren, genießen. Ein einziges Foto schaffe ich, sonst bin ich im Flow.

Pekařova brána

Zurück an der Pension steht ein BMW-Gespann im Hof und ein einziger Gast sitzt im Gastraum. Also angequatscht, zusammen die Abendmahlzeit eingenommen und nett unterhalten.

Danach das „leidige“ Thema der letzten 2 Abende: Wie geht es weiter? Ich werfe noch ein paar lieblose Blicke auf die Karte und merke alsbald: Ich bin satt!
Wie jetzt? Du fährst einen Tag früher vom ITT weg, verzichtest desweiteren auf einen möglichen Tagesbesuch in Danzig, bist jetzt in kurvenreichster Gegend – und willst nach Hause? Antwort: JA!

13.06.2017 – Tag 17, 327 km

Unaufregend über zumeist gut ausgebaute Strassen geht es zurück nach Bayreuth. Mein Scudo steht wie letztes Jahr wohlbehalten auf dem Parkplatz vom Festspielhaus, ich lade die Transalp ein und fahre zur letzten Übernachtung. Zumindest war es so geplant. Der anvisierte Gasthof liegt leider an einer stark befahrenen Ausfallstrasse und genau da geben die LKW´s Gas. Geht also garnicht. Netterweise gibt mir der Wirt einen guten Tip für eine ruhige Unterkunft im Nachbarort.
Also zum Landhaus Preißinger in Warmensteinach und nach einem Zimmer und Abendessen gefragt. Beides verfügbar, supernette Wirtin, sehr gepflegtes Haus und vor allem: Ruhe!

Nach einem reichhaltigen und leckeren Frühstück geht es dann über Autobahn 480 km zurück nach Hause. Erst unterwegs fällt mir ein, dass morgen in NRW Feiertag ist. Glück gehabt, dann kann ich ja noch einkaufen!
Was bin ich froh über die Möglichkeit, die Transalp im Auto transportieren zu können. Das schont Reifen – und Nerven. Ich hasse Autobahn mit dem Motorrad.

Fazit? Polen ist definitiv eine Reise wert!

Dass es dieses Jahr anders werden würde wie bei meinen vorherigen Motorrad-Touren, war mir schon vorher klar. Kaum losgefahren, schon in Krakau das Motorrad „in die Ecke stellen“ und Eindrücke verschiedenster Art sammeln, Städte als Tagesziele, Geschichtliches, Architektonisches und dann noch ein Motorradtreffen.

Aber andererseits hat genau dieser Mix das doch reichliche Geradeaus-Fahren in Polen ausgeglichen. Ich habe derart viel jenseits des Motorradfahrens mitgenommen, dass ich zufrieden auf diese Zeit zurückblicken und die Erlebnisse Revue passieren lassen kann.

Schön zum Motorradfahren sind definitiv Masuren und die Grenzgebiete zu Tschechien und der Slowakei (niedere Tatra und die Beskiden).